Mehr Schein als Sein? – Woran Sie eine gute Feedbackkultur erkennen

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Wir alle haben diese unangenehme Situation im Berufsalltag schonmal erlebt: Wie genau hat mein Chef das gerade gemeint? Ich könnte nochmal nachfragen, aber ich hätte auch einfach besser zuhören können – Und so bilden wir uns Vorstellungen von dem, wie es gemeint sein könnte und es entstehen Missverständnisse. Für unsere Leistung sind diese jedoch wenig förderlich. Dazu müsste es eigentlich gar nicht erst kommen. Missverständnisse sollten vermieden werden, das geht aber nur, wenn eine funktionierende Feedbackkultur besteht. Aber wann existiert so eine Feedbackkultur? 

Feedbackkultur kann man nicht greifen 

Kann man eine Feedbackkultur sehen? Im Grunde nein. Eine Kultur ist nicht greifbar, vielmehr gibt es Faktoren, anhand derer ich den Raum einer gelebten Feedbackkultur erkennen kann. Wenn man das Kulturmodell nach Edgar Schein betrachtet, dann könnte man sagen, dass es vor allem die Grundannahmen und Werte zu Feedback sind, welche die Grundlage für eine Feedbackkultur bilden.  

Für mich existiert eine Feedbackkultur, wenn Feedback regelmäßig und selbstverständlich gegeben und eingefordert wird. Dabei wird meiner Meinung nach das Ziel verfolgt, sich selbst zu verbessern beziehungsweise andere in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Jeder Einzelne ist motiviert, Feedback zu geben und zu nehmen. Wenn in einer Organisation eine Feedbackkultur existiert, dann fühle ich mich zum Feedbackgeben und -nehmen nicht verpflichtet, sondern sehe dieses als Chance für meine Entwicklung und die meiner Mitmenschen. Feedback ist dann ein Selbstläufer. 

Das einzig Sichtbare einer Feedbackkultur, Schein nennt es die Artefakte, sind die Feedbackprozesse, die entscheiden, wie sehr eine Feedbackkultur gelebt wird. Diese schließen die verwendeten Feedbackinstrumente ein.

Wann entsteht eine Feedbackkultur?  

Grundsätzlich nicht von heute auf morgen. Genauso wie sich eine Unternehmenskultur über mehrere Jahre hinweg entwickelt, braucht es auch für eine Feedbackkultur mehr als ein paar Wochen. Die Artefakte sind es letztlich, die eine Kultur entstehen lassen und erkennbar machen. 

Wie bei allen Change-Management Prozessen ist die Transparenz gegenüber der Organisation sehr wichtig, unter anderem um auch Widerständen zu begegnen. Um diese Transparenz herzustellen, benötigt es mehrerer Schritte.  

Zum einen ist es wichtig, die Organisation in das Thema Feedback einzuführen. Für die Mitarbeitenden von heute ist Sinnstiftung enorm wichtig. Daher sollte der Nutzen von Feedback im Unternehmen verdeutlicht werden. Auf dieser Grundlage kommt dann das Wie: Welche Feedbackmethoden sollen eingesetzt werden, wie funktionieren diese? Wichtig ist im gesamten Prozess, dass die Erwartungen und Bedenken der Beteiligten ausgetauscht werden. Schließlich sollte auch eine Klärung der Rahmenbedingungen, z.B. Zeitraum, Verpflichtungen, Datenschutz etc., stattfinden.  

Entscheidend ist, dass eine Kultur geprägt ist von den Menschen, die diese formen. Entsprechend ist auch die Partizipation der Mitarbeiter essenziell für eine Kulturentwicklung. Auf dem Weg zu einer Feedbackkultur sollten die Mitarbeiter von Anfang an eingebunden werden. Sei es bei der Wahl der Feedbackinstrumente oder das Äußern von Themenwünschen für Befragungen. Auch eine transparente und schnelle Ergebnisauswertung ist entscheidend.  

Herausforderungen auf dem Weg zu einer Feedbackkultur 

Ohne Digitalisierung geht’s nicht mehr. Gerade Feedback-Apps bieten die ideale Möglichkeit, die Nutzer zu regelmäßigem Feedback zu animieren, indem beispielsweise auf das Smartphone Erinnerungen zum Feedbackgeben geschickt werden. Digitale Tools lassen sich außerdem gut in den Arbeitsalltag integrieren. Beispielsweise können diese als zusätzliche Grundlage für Mitarbeitergespräche oder für anlassbezogenes Feedback genutzt werden.  

In Veränderungsprozessen wird oft dem Management eine große Verantwortung zugeschrieben. Dass dieses als Multiplikator dient ist wichtig, entscheidend ist meiner Meinung aber auch, dass gerade hinsichtlich einer Kulturentwicklung die Mitarbeiter aus eigenem Antrieb heraus bereit für den Change Prozess sind. Im Grunde schaffen Management und Führungskräfte hierfür den nötigen Rahmen, indem sie vor allem die Prinzipien Partizipation und Agilität leben. 

Ein Universalrezept dazu, wie eine Feedbackkultur im Unternehmen etabliert werden kann, gibt es nicht. Vielmehr ist dieser Prozess in jedem Unternehmen individuell. Wie schätzen Sie die Feedbackkultur in Ihrer Organisation ein? Seien Sie mutig und gehen Sie die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer Feedbackkultur – jeder Einzelne kann dazu beitragen.